Eikon - Internationale Zeitschrift für Photographie und Medienkunst
D / E

Search the database

Search item
- Limit your search to a specific land or place
- show only dates for a selected artist
from to (TT.MM.JJJJ)

Termin - Detailansicht

Kurt Brazda: Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis

Ort
Produzentengalerie Wien
Österreich, 1010 Wien, Marc-Aurel-Straße 10
www.produzentengalerie.wien/

von 10.05.2022 bis 27.05.2022
Eröffnung: 10.05.2022 19:00

Zusatzinfo

AUDIOVISIOELLE AUSSTELLUNG KURT BRAZDA ALLES VERGÄNGLICHE IST NUR EIN GLEICHNIS 10. MAI 2022 – 27. MAI 2022 VERNISSAGE Dienstag 10. Mai 2022 | 19:00 Uhr Eröffnung mit Maria Christine Holter, Kunsthistorikerin DISKUSSION Sonntag 22. Mai 2022 | 19:00 Uhr Am Podium Lisz Hirn, Philosophin Werner Gruber, Physiker Kurt Brazda, Künstler Mercedes Echerer, Moderation AUSSTELLUNGSDAUER 10. – 27. MAI 2022 ÖFFUNGSZEITEN Mittwoch – Freitag 14:00-17:00 Uhr Audiovisuelle Ausstellung von Kurt Brazda Filmpräsentation: “Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis” Musik: Karlheinz Essl „après l’avant” (2021) Montage: Alexandra Löwy Ausstellungstext Alles Vergängliche Ist nur ein Gleichnis; Das Unzulängliche, Hier wird’s Ereignis; Das Unbeschreibliche, Hier ist’s getan; Das Ewig-Weibliche, Zieht uns hinan. Ich kenne keine bessere Beschreibung des Weltgeheimnisses als diesen Vierzeiler, der den Schlusspunkt von Goethes „FAUST 2“ bildet. Das Vergängliche als Abbild des Ewigen und Unerklärlichen. Das Unzulängliche, in dem sich unsere Wirklichkeit immer neu ereignet, ohne jemals dem Urgeheimnis der Welt gerecht werden zu können. Das Unbeschreibliche des Schöpfungsgedankens, welcher in der Wirklichkeit nur als Ahnung wahrnehmbar ist. Das Ewig-Weibliche als Metapher der Faszination für das Unerklärliche, welches in unserer Wirklichkeit zu finden ist. So wie im Besonderen in der Beziehung Mensch zu Menschen. Subtext dieses Vierzeilers ist eine Ode an die Kostbarkeit des Lebens. Diese Gedanken kamen mir, während ich an dieser Fotoserie arbeitete. Ich wollte mich zunächst mit den Versatzstücken der Materialität des Menschen konfrontieren gerade um das Geheimnis des Lebens für mich zu ergründen. Die sterblichen Überreste wirkten auf mich wie abgeworfene Kleidung verbunden mit der Frage, wo denn der Mensch, der sie einmal getragen hat, nun verblieben wäre. Die Naturwissenschaft lehrt uns, dass Energie weder gewonnen noch verloren werden kann. Was ist denn jeder Mensch anderes als geballte und vor allem unverwechselbar differenzierte Energie, mit der er seine eigene Wirklichkeit und damit auch die Wirklichkeiten der anderen konstruiert. Wohin verschwunden ist diese seltsame Kraft, die doch noch so kurz vorher in und mit diesen Körpern ins geistige und materielle Geschehen eingreifen konnte. Wo sind Charakter, Talent, Können, Glück, Traurigkeit, Liebesfähigkeit, Aggression und Empathie also alles was menschliche Existenz ausmacht, geblieben? Die vergänglichen Relikte vor meinem Objektiv hatten nichts mehr mit den Wesen zu tun, die einmal in ihnen steckten. Diese Erkenntnis überkam mich wie eine Tröstung in Bezug auf meine eigene Endlichkeit. Ich begriff, dass Menschen nur aus der Zeit gehen, alles was sie ausmacht aber wie auf einer Festplatte gespeichert wird im Sinne des oben genannten physikalischen Prinzips. Ist die Verankerung in Raum und Zeit möglicherweise nur eine spezifische Daseinsform? Eine von unzählig vielen anderen, für welche wir aber kein Sensorium besitzen wohl aber eine Ahnung? Vergänglichkeit als Projektion des Weltgeheimnisses in unsere Wirklichkeit. Das Leben als Abglanz des ewigen Lichtes und kostbares Geschenk an uns. Die Bühne, wo leben passiert, ist von genialer Beiläufigkeit. „Magie des Alltäglichen“ ist das Stück, das gespielt wird. Der in der Ausstellung kontinuierlich laufende Film ist die Aufzeichnung dieser Inszenierung. Nachsatz: Während ich dieses schreibe tobt nur wenige hundert Kilometer von uns ein verbrecherischer Krieg, der uns in Zeiten zurückwirft, die wir längst überwunden glaubten. Eine tiefe Verunsicherung macht sich breit. Bei „out of control“ ist kein Platz mehr über die Vergänglichkeit zu philosophieren, hier und jetzt wird sie aufs Entsetzlichste durch Auslöschung vorexerziert. Die Bilder des massenhaften sinnlosen Tötens brennen sich tief in unsere Seele und führen zu peinigenden Ohnmachtsgefühlen gepaart mit Angst. Hass lodert auf! Wenn ein Mensch stirbt, verlieren wir eine Welt. Wenn viele Menschen sterben, verlieren wir einen Kosmos. Mit aufkeimendem Hass verlieren wir aber die Orientierung, die wir im Chaos des Schreckens dringend brauchen. Hass und gesunder Menschenverstand schließen einander aus. Aber ist nicht auch Duldung in diesem Fall ein Vergehen? Wie brüchig und verwundbar ist doch unser Wertesystem geworden! Wohin soll ich mich wenden… ? Im Lichte der aktuellen Ereignisse erhält die Fotoserie ALLES VERGÄNGLICHE IST NUR EIN GLEICHNIS plötzlich eine neue irritierende Dimension…. Trotzdem dürfen wir keinesfalls dem Kulturpessimismus verfallen. Zuviel steht auf dem Spiel! - Kurt Brazda