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Torsten Warmuth - Belle de nuit

Künstler | Torsten Warmuth

Ort
Johanna Breede Photokunst
Deutschland, 10719 Berlin, Fasanenstr. 69
+49 30 886 83 123,

von 30.05.2009 bis 25.07.2009

Zusatzinfo

Der Tag ist Licht, die Nacht ist Zwielicht. Schon Charles Baudelaire berichtete in seinem 1857 veröffentlichtem Gedicht Le Crépuscule du soir von menschlichen Gestalten, die sich unter dem "schwarzen Vorhang" der Nacht in Tiere verwandeln. Die Dunkelheit, sie ist der Ort der doppelten Böden und der zwei Gesichter. Der 1968 im thüringischen Hildburghausen geborene Fotokünstler TORSTEN WARMUTH hat sich in seinen Arbeiten bereits des öfteren mit diesen magischen Zwischenzeiten vor Anbruch des Morgens beschäftigt. 2006 etwa präsentierte die Kunsthalle Erfurt seine in Buenos Aires entstandene Serie Nachtsammler - eine 19teilige Arbeit, die jene Menschen zeigte, die unter dem fahlen Licht der argentinischen Großstadt zum Schattendasein gezwungen werden.

Mit Belle de nuit greift TORSTEN WARMUTH diese Nachtwelten wieder auf, verschiebt sie aber in andere Sphären. In diesem fotografischen Zyklus scheint alles auf Grenzen zu wandeln. Im Halbdunkel einiger Bars zeigt WARMUTH das orphisch-bacchische Spiel von Zechern, Grazien und Hasardeuren. Es ist ein Nachtstück aus dem "Theatrum mundi": Man sieht den Auftritt blonder Schönheiten und man sieht Jünglinge in Lauerstellung. Man erblickt Trinker in beschwipster Wehmut und Tänzer in aufgeheizter Erregung. Zwischen Wünschen und Warten, zwischen Posen und Poussieren queren sich ihre Blicke und kreuzt sich das Begehren.

Belle de nuit inszeniert die Nacht als Ort der Unschärfen und Übergänge. So wie einst Brassaï in der Dunkelheit der Pariser Amüsierlokale Kräfte am Werk sah, die sich dem menschlichen Verstand entzögen, so scheinen auch Warmuths Aufnahmen in ein eigentümliches Reich aus Trance und Träumerei zu entgleiten. In seinen nocturnen Kulissen verschwimmt die Eindeutigkeit und die Identitäten verfließen im nächtlichen Taumel. Zuweilen gar, da lösen sich auf diesen Fotografien Orts- und Zeiteinheiten auf.

Die Bildserie Rauschendes Glück etwa zeigt Menschen, die auf merkwürdige Weise dem Heute entgleiten. Denn Gewandung und Gebaren läßt diese Menschen wie Wiedergänger wirken - Zeitreisende aus der Vergangenheit, die die Gegenwart belagert halten.

So werden die Blicke allmählich trübe und die Bilder werden traumverloren. Hervorgerufen wird dieser Effekt durch Überlagerungen und Bewegungsschleier. Seit seinen frühesten Arbeiten experimentiert TORSTEN WARMUTH mit komplizierten Langzeit- und Mehrfachbelichtungsverfahren. Seine Großbildkamera, sie zerrt dabei solange am Augenblick, bis sich dieser über weite Bereiche des analogen Fotofilms gestreckt hat. Am Ende, da werden die von WARMUTH selbst hergestellten großformatigen Silbergelatineabzüge jene subjektive Magie in sich aufgenommen haben, die die nächtlichen Gestalten im Augenblick der Bildentstehung empfunden haben mögen. Denn Belle de nuit, das ist eine große Hommage an die vielen Metamorphosen der Nacht. (Ralf Hanselle)